Globalisierung, Klimawandel, das Erstarken populistischer Autokratien: Unsere Welt steckt voller Herausforderungen. Noch scheitern Organisationen häufig daran, ihre eigentlich vielversprechenden Lösungsansätze innovativ umzusetzen. Weshalb werden so viele Chancen auf Fortschritt vertan? Womöglich liegt es an der Art, wie Organisationen selbst organisiert sind. Denn unsere Welt ist heute geprägt von Komplexität und schneller Veränderung. Wer darauf reagieren will, braucht Organisationsformen, die schnellen Wechsel von Führungsverantwortung ermöglicht – damit immer genau die Person im Lead ist, die in diesem Moment die bestmögliche Entscheidung treffen kann. Damit eine Gruppe von dieser Art von Schwarmintelligenz profitieren kann, müssen Führungskräfte heute vor allem anderen Menschen ermöglichen, zum richtigen Zeitpunkt Verantwortung zu übernehmen. Im D.Network bilden wir seit Anfang 2023 Führungskräfte in “Servant Leadership” aus. In unseren Ausbildungsformaten lassen wir uns dabei von sieben verschiedenen Themen leiten, die wir mit theoretischen Ansätzen, interaktiven Simulationen und praxisnahen Fallbeispielen behandeln.
Grundlage dieses Konzeptes ist die gleichnamige vierwöchige Weiterbildung „Servant Leadership: Führen im Agilen Umfeld„, die das D.Network seit Ende 2022 regelmäßig anbietet. Einzelne Module dieser Weiterbildung haben wir bereits als eigenständige Deep Dives für andere Kund:innen durchgeführt.
1. Was ist Führung?
In der Managementliteratur, den Sozialwissenschaften und der Psychologie gibt es je nach Studie vier bis acht Kernfunktionen an Führung, die erfüllt sein müssen, damit eine Gruppe sich gemeinsam bewegt – so wie Zielvorgabe, Selbstverwirklichung oder Sicherheit. Die Verantwortung für all das liegt nicht zwangsläufig immer nur bei einer einzigen Führungsperson und nicht immer sind auch alle Kernfunktionen explizit vergeben. Ist eine Kernfunktion allerdings komplett vakant, entsteht ein Führungs-Vakuum – mit negativen Konsequenzen für die ganze Gruppe.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- Fünf Aufgaben von Führung nach Prof. Fredmund Malik, 6 Rollen einer Führungskraft und weitere gängige Ansätze
- Bündelung vs. Verteilung von Führungsfunktionen: Das Delegation Poker und seine Vor- und Nachteile
- Situative Führung: Wie Individuen sich je nach Situation spontan eine Führungsfunktion aneignen
- Abilane-Paradox oder: Was, wenn niemand führt?
- Role Models: Was gute Führungskräfte gemeinsam haben
2. Welche Führungsstile gibt es?
Je nach Management-Literatur oder sozialwissenschaftlicher Theorie werden vier bis sechs Führungsstile unterschieden, die sich an den Dimensionen “Beziehungs-Orientierung” und “Reifegrad der Teammitglieder” anordnen lassen. Für eine Führungskraft ist wichtig zu erkennen, welcher Führungsstil zum jeweiligen Team, aber auch zur eigenen Persönlichkeit passt. Jeder Führungsstil hat seine Vor- und Nachteile und je nach Situation und Teamphase kann es sinnvoll sein, den Führungsstil zu wechseln.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- Führungsstile nach Max Weber und Kurt Lewin: Auf den Achsen der Beziehungsorientieerung und des Reifegrades
- Teamrollen nach Belbin: Welche Rolle welchen Führungsstil verlangt
- First Leader und First Follower: Wie Führung und Gefolgschaft einander bedingen
- Status-Dynamiken: “Ich bin okay, du bist okay”
- Narzissmus und Co: Warum so häufig die falschen Menschen in Führungsverantwortung gelangen
- Verteilte Rollen, verteilte Führung: Warum die Konzentration von Macht Menschen korrumpiert und Probleme verursacht
3. Welche Art von Führung brauchen wir im 21. Jahrhundert?
VUKA und BANI verlangt schnelle Anpassungsfähigkeit von Gruppen und ein Höchstmaß an Flexibilität für Führungsverantwortung. Sich nicht auf einen Führungsstil festzulegen sondern situationsbedingt denjenigen Gruppenmitglieder mit den besten Ideen Verantwortung zu überlassen, ist ein Kernmerkmal von Servant Leadership. Servant Leadership ist eine Haltung, mit der Führungspersönlichkeiten ein Team dazu befähigen, das je nach Situation Bestmögliche zu vollbringen. Ein Servant Leader kann temporär selbstbewußt in Führung gehen oder auch die Verantwortung komplett anderen Teammitgliedern überlassen, wenn es für das gemeinsame Vorankommen dienlich ist. Wie ein Servant Leader das macht und welche Fähigkeiten er dazu braucht, hat Robert K. Greenleaf definiert, der Erfinder dieses Begriffes.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- VUKA und BANI: Welt im schnellen Wandel
- Systemtheoretiker Peter Kruse vor der Encuete-Kommission des Bundestages aus dem Jahr 2010 und seine Prognose von der systemischen Veränderung der Gesellschaft
- Servant as a Leader: Zehn Erwartungen an einen Servant Leader nach Robert Greenleaf – und welche Eigenschaften dazu benötigt werden
- Agiles Mindset: Mit iterativem Vorgehen, verteilten Rollen und Experimentierkultur zu einer selbstorganisierten Gruppe (ink. TED Talk von Bruce Feiler)
- Purpose-Orientierung und Storytelling: Wie Servant Leader mit Visionen inspirieren
- Partizipative Entwicklungspläne statt Micromanagement: Wie Servant Leader mit Coaching-Methoden führen können
- Pygmalion- und Golem-Effekt: Mit positiver Affirmation zu mehr Selbstbewußtsein und Leistung beitragen
- Free Rider Problem: Wie Organisationen mit Trittbrettfahrer:innen umgehen können
4. Wie haben sich Organisationen im Laufe der Zeit verändert?
In der Geschichte der Menschheit sind es oft die äußeren Umstände, die zu Veränderung führen – weil Gruppen mit Altbewährten nicht weiterkommen. Auch im 21. Jahrhundert leben wir in einer Zeit, in der immer mehr Teams immer häufiger an ihre Grenzen stoßen. Modelle wie VUKA oder BANI zeigen die Dynamiken auf, in denen die Welt sich seit einigen Jahrzehnten bereits wandelt, und geben Hinweise darauf, welche Führungsmodelle darauf geeignete Antworten geben können. Servant Leader können sich heute aus einem ganzen Erfahrungsschatz früherer Organisationsformen bedienen – und profitieren gleichzeitig von dem Wissen, dass früher nicht alles besser war.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- Spiral Dynamics: Welche Organisationsformen die Menschheit vorangebracht haben – und ihre Bedeutung für für Wertesysteme, Normen, Konflikte und Personalwechsel an der Spitze
- Selbst-Reflektion mit Steckbrief “Organisationskultur”
- Koexistenz: Wie verschiedene Organisationsformen nebeneinander existieren (inkl. den Forschungen zu den Anfängen der Menschheit von David Graeber und David Wengrow)
- Soziale Veränderungen und die Reaktionen darauf. Keynote vom Entrepreneurship Summit von Prof. Dr. Harlald Welzer
- Anforderungen an Führung: Warum unterschiedliche Organisationszwecke verschiedene Arten von Führung erfordern
- Ansprüche der Generationen: Wie sich Babyboomer, X, Y und Z unterscheiden
- Fallbeispiele für Wandel in der Unternehmenskultur: “Die stille Revolution der Arbeitswelt” (Film und Besprechung)
- Agile Transformation: Warum selbst hierarchische Organisationen wie eine Armee mit agilen Anteilen erfolgreicher sind als ohne
5. Wie kann ich mich selbst reflektieren, um zu einem guten Servant Leader zu werden?
Bereits Robert Greenleaf, der Begründer des Servant-Leadership-Ansatzes, wußte: Die Transformation zum Servant Leader beginnt bei einem selbst. Durch ständige Weiterbildung, Persönlichkeitsentwicklung und Selbstreflektion weiß ein Servant Leader, was er oder sie einem Team bieten kann und wann er sich selbst überfordert. “Inner Work” nennt sich diese Arbeit an der eigenen Persönlichkeit im modernen Fachjargon.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- 16Personalities, Enneagramm und DISG Modell: Eckpunkte von Persönlichkeitstypen
- New Work needs Inner Work: Mit Bettina Rollof und Joana Breidenbach die eigene Persönlichkeit erkunden und den Weg zur entfalteten Organisation finden
- Persönlichkeitsentwicklung und Werte-Reflektion
- AQAL-Modell aus den Spiral Dynamics: Eine Balance aus Individuum und Kollektiv, Innen und Außen
- Ich-Zustände aus der Transaktionsanalyse: Wie Erwachsenen-, Eltern- und Kind-Ich in Wechselwirkung stehen
- Bedürfnisse und Antreiber: Das Kennenlernen der eigenen Motivatoren
- Wertearbeit: Fünf persönliche Werte und wie man sie implementieren möchte
- Riehmann-Thomann-Modell: Nähe, Distanz, Wechsel und Dauer
- Stress- und Konfliktmuster: Wann die Grundformen von Angst überlebenswichtig sind – und wann sie mehr stören als helfen
- Sunk Costs Fallacy: Wann es besser ist, aus einer Investition auszusteigen
- Stimme, Präsenz und Wirkung: Nach außen ausstrahlen, was man im Innen fühlt
6. Wie erkenne und gestalte ich Gruppendynamiken?
Wer einer Gruppe dienen und die Teammitglieder bestmöglich unterstützen möchte, für den ist es essentiell, gruppendynamische Prozesse lesen und deuten zu können. Nur dann kann ein Servant Leader Spannungen wahrnehmen oder bei Konflikten eingreifen. Verschiedene Modelle von Persönlichkeitstypen sowie die Konzepte der Transaktionsanalyse bieten wertvolle Tools, um die Wechselwirkungen von zwischenmenschlichen Verbindungen zu verstehen.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- PERMA Modell: Persönlichkeitsentwicklung mit Safe Spaces und Positiver Psychologie (inkl TED Talk von Amy Admondson)
- Community of Survival vs. Community of Power: Wie Menschen sich gegenseitig unterstützen, wenn es darauf ankommt
- Transaktionen und Oxytocin: Wie zwischen Individuen positive Win-Win-Dynamiken entstehen (inkl. Exkurs zu den Forschungen von Rutger Bregmann)
- Wir-Wesen: Warum eine Gruppe mehr ist als die Summe der einzelnen Individuen
- Währungen von Transaktionen: Vier-Ohren-Modell, Sprachen der Wertschätzung, Gottman-Konstante und Reperaturversuche für zwischenmenschliche Verbindungen
- Psychologische Spiele: Wie man Auswege aus toxischen Spiralen findet
- GfK und Feedback: Retrospektiven, aus denen alle Beteiligten lernen können
- Meeting und Moderation: Grundtypen von Meetings und was es zu beachten gilt
- Soziokratie und Widerstandsabfrage: Entscheidungsfindung jenseits demokratischer Prozesse
- Status und Territorium: Wie das horizontale und das vertikale Kommunikationssystem miteinander im Widerspruch stehen
- Konformitäts-Zwang: Warum unsere Umgebung beeinflußt, was man zu wissen glaubt. Und wie man es dennoch schafft zu erkennen, ob der Kaiser nackt ist.
7. Wie halte ich Kontakt mit der Außenwelt, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können?
Wenn VUKA und BANI von schnellen, unberechenbaren Veränderungen geprägt sind, tut jede Organisation heute gut daran, ihre Fühler regelmäßig in die Außenwelt zu richten, um Veränderungen zeitnah zu registrieren und sich entsprechend anpassen zu können. Servant Leader sollten daher Methoden und Ansätze wie User Research, Design Thinking, Rapid Prototyping oder Agiles Projektmanagement kennen, um gezielt Elemente davon in ihren Teams sinnvoll einsetzen zu können. Zustzlich sind Ansätze von Storytelling gefragt, um Änderungsprozesse sowohl in die Organisation als auch zur Außenwelt zu kommunizieren.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- Always ask the why: Entwicklung eines eigenen Leader-Profils mit dem Golden Circle
- User Research: Die Zielgruppe im Blick (inkl. Job-to-be-done Framework)
- Design Thinking: Schneller bessere Ideen entwickeln
- Prototyping: Abstrakte Konzepte in kreifbare Testmodelle verwandeln
- Scrum: Mit Agilem Projektmanagement Schritt für Schritt zum Ziel
- Storytelling: Zielgruppenfokussierte Präsentation relevanter Informationen mit dem SALE Ansatz
Bonus: Online-Teams und Hybride Teams
Nach Corona gibt es kein Zurück: Die Welt wird niemals wieder so sein wie zuvor. Das gilt insbesondere für die Organisation von Teamwork. Videokonferenzen, digitale Whiteboards oder hybride Meetings sind gekommen, um zu bleiben. Führungspersönlichkeiten stellt das vor neue Herausforderungen. Gruppendynamiken in Online- oder hybriden Teams haben ihre eigenen Logiken, Meetings müssen anders moderiert werden und Teamzusammenhalt ist schwieriger zu steuern.
Unsere Methoden und Ansätze zu diesem Thema:
- Rahmen und Rollen: Was online anders ist als offline – und wie man darauf reagiert
- Kommunikation und Kollaboration: Tools für Videokonferenzen, Wissensmanagement und Zusammenarbeit
- Kamera und Mikrofon: Wie man sich online professionell inszeniert
- Schwerpunkt Digitale Whiteboards: Sinnvolles Arbeiten mit Miro, Mural und Co
- Asynchronität und Präsenz: Wie man online zusammenarbeitet ohne gleichzeitig online zu sein
- Hybride Zusammenarbeit: Welche Art von hybridem SetUp sinnvoll ist
Unsere Expert:innen für Servant Leadership
Im D.Network haben wir verschiedene Expert:innen für die einzelnen Module der Servant-Leadership-Weiterbildung. Ansprechpersonen für das Gesamtkonzept sind: